Was im Lichte übrig bleibt - Kapitel 1
Nov. 8th, 2009 10:29 pm![[personal profile]](https://www.dreamwidth.org/img/silk/identity/user.png)
Titel: Was im Lichte übrig bleibt
Fandom: Harry Potter
Genre: Drama
Rating: ab 16 Jahren
Charaktere: Malfoys, Todesser, Überlebende des Kampfes
Warnung: Dark, Canon, AU
Inhalt: POST DH. Ein Krieg, der nicht enden will. Das letzte Aufbäumen: Eine Verzweiflungstat. Lucius sieht eine Chance. Andere sehen mehr und am Ende zählt nur die Familie. Und der Anfang.
Was im Lichte übrig bleibt
Kapitel 1
"Professor?" Der Krankenflügel ist gerammelt voll. Der junge Mann schiebt sich durch die Reihen von Betten und Stühlen, alle belegt mit mehr oder weniger stark verletzten oder verstörten Schülern. Er ruft noch einmal, biss er endlich eine Ecke des vertrauten Schottentuchs hinter einem Vorhang aufblitzen sieht.
"Professor, ich meine … Minerva!" Auch wenn er Hogwarts bereits verlassen hat und seine alte Hauslehrerin ihm in Anbetracht der Umstände das "Du" eigenständig vor wenigen Stunden anbot, es fühlt sich falsch an.
"Einen Augenblick. Hier, ein wenig Tee, Liebes. Wie geht es ihrer Hand Miss Patil?"
"Minerva."
"Einen Moment. Bleibe Sie liegen, Mr. Thomas."
"Professor, bitte, auf ein Wort."
"Hat das nicht Zeit? Ich denke wir könnten alle eine kleine Pause gebrauchen. Lassen Sie uns zur Ruhe kommen und die Ereignisse der
gestrigen Nacht verarbeiten."
"Es tut mir Leid, aber ich muss Sie sprechen. Allein." Er biss sich auf die Unterlippe und wünscht, bei allen großen Zauberern, er könne um dieses Gespräch vermeiden. Lange rang er mit sich selbst, doch Fakten sind Fakten und etwas in ihm sagt ihm, dass diese im Speziellen nicht ignoriert werden sollten.
Seine alte Professorin seufzt tief. "Nun gut", sagt sie und deutet ihm ihr zu folgen. Sie geht in den kleinen Nebenraum, den Madame Pompfrey als Büro oder privaten Rückzugsort zu Nutzen pflegt. Stapel alter "die Hexenwoche" Ausgaben sind hochglänzende Zeugen vergangener gemütlicher Stunden bei Tee und Keksen. Nachdem er ihr gefolgt ist, zieht sie die Tür hinter sich zu.
"Was gibt es?"
"Wir … wir haben ein Problem."
"Ich würde sagen, wir haben nicht nur ein Problem, mein Lieber. Doch das größte und Wichtigste dürfte gestern gelöst worden sein."
"Das meine ich nicht. Wir … ich weiß nicht…"
"Nun reden Sie endlich. Es gibt genug da draußen zu tun." Sie klingt ungeduldig, aber er nimmt es ihr nicht übel.
"Es geht um die Kinder. Die Erstklässler und all die anderen, die evakuiert wurden", beginnt er langsam sich an die Nachricht, die er überbringen möchte, heranzutasten. Noch sucht er nach den passenden Worten, die nicht recht gefunden werden wollen. Als er merkt, dass er die volle Aufmerksamkeit der alten Professorin hat, fährt er fort.
"Die Kinder wurden gestern evakuiert. Alles nach Plan. Zuerst haben wir sie im Eberkopf untergebracht. Von dort aus verließen nur einige der Slytherins, eigentlich alle, die Gruppe, um … nun ja."
Minerva nickt ungeduldig. Das die Slytherins sich ausnahmslos dem dunklen Lord angeschlossen hatten, ist allen bekannt.
Er fährt fort, spricht langsamer, vorsichtig: "Dann wurden die Kinder wie abgesprochen zum Hogwartsexpress gebracht. Um sie ins St Mungos zu bringen, da wir sie dort am besten überwachen und die besorgten Eltern auffangen können."
"Das ist mir alles bekannt. Ich verstehe nicht, wo das Problem liegt, Mr … ?"
"Der Zug ist weg."
Einen Moment herrscht Stille.
"Was reden Sie da?"
"Der Zug mit den Kindern, der Hogwarts Express, er ist … nun ja. Er ist weg. Verschwunden."
"Verschwunden? Wenn das ein Scherz sein soll, dann ist er nicht komisch."
"Das ist kein Scherz." Er wirkt nun ehrlich verzweifelt. In seiner Verteidigung beginnt er hastig zu reden, zu schwafeln, doch er kann sich nicht bremsen. "Ich habe Mr Weasley gefragt, was ich tun kann. Und er meinte, ich solle mich ausruhen. Aber ich sagte, ich wäre viel zu … nun, ich wollte irgend etwas tun, verstehen Sie? Und da meinte er, ich solle doch mal nachfragen, ob die Kinder gut angekommen sind. Also habe ich mich gleich hingesetzt und eine Nachricht an das St. Mungos geschrieben, ob denn alles in Ordnung wäre. Wie es den Kindern geht und den Eltern vor allem. Und gerade eben kam eine Nachricht zurück, dass … die Kinder sind nicht da. Ich meine der Zug ist nicht angekommen. Ich war unten bei Aberforth und der sagte, er hätte persönlich die Abfahrt überwacht. Der Hogwartsexpress ist definitiv hier aus Hogsmead abgefahren, aber jetzt ist er … Professor?"
MacGonagall wirkt blass. Doch sie fängt sich, er kann sehen, wie ihre Schultern sich straffen. Noch immer versucht sie, für die Kinder stark zu sein. Er sieht beinahe, wie er in ihren Augen zu einem der verängstigten, erschöpften Schüler wird, welche sie heute seit dem … Ende betreut hat.
"Nun beruhigen Sie sich. Da muss ein Fehler unterlaufen sein, der Hogwartsexpress verschwindet nicht so einfach. Ich werde mich darum kümmern."
"Aber denken Sie nicht …"
"Ich denke Sie nehmen sich jetzt eine schöne Tasse Tee und setzen sich ein Weilchen hin. Ich bin sicher, den Kindern geht es gut." Sie legt ihm eine Hand auf die Schulter und drückt ihn sanft hinunter in Madame Pomfreys weich gepolsterten Drehstuhl.
"Aber… Ja, Professor", gibt er nach. Er versucht beruhigt zu lächeln, doch seine Gedanken rasen. Sie drehen sich um das Unmögliche und was es bedeuten könnte.
-**-
Bill Weasley steht hoch aufgerichtet in der großen Halle und nickt zustimmend. "Ich denke, wenn wir erst einmal das Chaos hier beseitigt … Gute Güte Minerva!"
Alle drehen sich um. In der Tür steht Minerva MacGonagall. Harry bleibt fast das Herz stehen, als er sieht, wie alt sie in diesem Augenblick aussieht.
Ihre Haare sind zerzaust. Lange Strähnen hängen aus ihrem sonst so strengen Dutt, ihr Gesicht wirkt grau, eingefallen und, was noch viel schlimmer ist, es steht genau die Art des wortlosen Entsetzens darauf geschrieben, von dem Harry eigentlich gehofft hatte, er hätte es aus den Gesichtern der Menschen, die er kannte und die ihm etwas bedeuteten, verbannt.
"Minerva, meine Gute, was ist mit ihnen?" Professor Slughorn, der es immerhin geschafft hat seinen Pyjama in einen wuchtigen Morgenmantel aus stilsicherem grünem Brokat zu hüllen, tritt neben sie. Er schiebt die Professorin, die neben ihm noch zerbrechlicher wirkt, zu einem der Stühle und bugsiert sie mit sanfter Gewalt darauf.
Auf den Wink ihrer Mutter flitzt Ginny eilig los und kommt kurz darauf mit einem Glas Wasser zurück. Doch die Professorin rührt es nicht an.
"Minerva?" Es ist Arthur Weasley. Er geht leicht vor der älteren Frau in die Hocke. Harry hat plötzlich ein klares Bild vor sich, wie Mr Weasley früher mit seinen Kindern geredet haben muss, wenn diese sich nach einem Streit beleidigt in eine Ecke verzogen haben oder sich bei all zu wildem Spiel verletzten. Die Szene hat etwas so intimes, etwas so verletzliches, dass Harry sich plötzlich schämt, Zeuge davon zu sein. Er blickt rasch zu Seite. Hermine ergeht es ähnlich. Nur Ron starrt in fieberhafter Faszination auf seinen Vater und seine Lehrerin. Hermine verpasst ihm einen Stoß und Harry ist ihr dankbar dafür.
Ron weniger. "Au. Was soll denn …"
"Pscht", zischt Mr Weasley ungeduldig. Die drei verstummen sofort. Er beugt sich noch ein wenig weiter zu Minerva. "Was war das, Minerva? Ich habe dich nicht …"
Harry sieht, wie sich Mr Weasleys Augen weiten, und sich dann ungläubig zusammen ziehen. "Ich verstehe nicht", stammelt er, "ich verstehe nicht, Minerva. Was meinst du damit: Die Kinder sind fort?"
Ginny neben Harry verspannt sich. Mrs Weasley, die Hand beschützend auf dem Haupt ihres toten Kindes, hebt den Kopf.
"Die Kinder sind fort", wiederholt Minerva MacGinagall nun so laut und deutlich, dass es unmöglich ist sie misszuverstehen. "Der Zug, der Hogwartsexpress, der die evakuierten Kinder nach London zu ihren Familien bringen sollte … er ist verschwunden."
"Verschwunden, aber wie kann ..?"
Ohne eine Antwort abzuwarten zieht Professor MacGonagall ein zusammen geknülltes Pergament aus ihrem Umhang und reicht es Mr Weasley. Molly und die übrigen Auroren scharen sich um sie. Eine Weile sagt keiner ein Wort.
"Dad? Mum?" Ron und Ginny versuchen sich vorbei zu drängen, doch sie werden ignoriert. Slughorn räuspert sich. "Aber … das ist doch nicht möglich", brummt er, "Wie könnten sie einen Zug verschwinden lassen?"
"Was ist mit Aberforth?", fragt Charlie. "Die Kinder waren in seiner Obhut. Es war von Anfang an abgemacht, dass er entscheidet, ob es sicher ist die Kinder in den Zug zu setzen, bestimmt sind sie noch …"
"Sie sind nicht mehr im Eberkopf. Ich war dort", unterbricht MacGonagall ihn brüsk. "Aberforth hat sie heute morgen in aller Frühe, kurz nach dem Ende der Schlacht in den Express gesetzt. Er hat ihn abfahren sehen."
"Vielleicht hat er vorher zu tief in seinen selbst gebrauten Schnaps gesehen", meinte Bill trocken.
"Nein. Nein, ich glaube ihm. Die Kinder sind verschwunden."
"Minerva, das ist unmöglich. Hunderte Kinder und einen Zug einfach verschwinden zu lassen … noch dazu… der Lord ist tot, was hätte das denn für einen Nutzen." Mr Weasley ist ratlos und müde, unendlich müde.
In Harrys Magen ballt sich etwas zusammen. Die alte Wut ist wieder da und Hitze steigt in seinem Kopf auf.
"Vielleicht eine Art Plan B?"
"Plan B? Plan B? Für was? Für wen?" Mrs. Weasleys schrille und doch halb erstickte Stimme lässt sie alle schweigen. Sie spricht aus, was Harry denkt: "Es ist vorbei" Warum kann es nicht einfach vorbei sein?"
Mr Weasley geht in die Knie und zieht seine bebende Frau in eine hilflose Umarmung.
Sie alle fahren erneut zusammen, als Bill Weasley plötzlich aufspringt und durch die Halle stürmt.
"Was zum …" Charlie geht einige Schritte hinter seinem Bruder her, dann bleibt er unsicher stehen.
Kurz darauf kehrt Bill zurück, etwas Großes, Dunkles und offenbar recht Schweres im Schlepptau, dass sich heftig wehrt.
"Ich weiß nicht für wen", knurrt er grimmig. "Aber ich weiß, wer es weiß." Mit einem Schlenker seines Zauberstabes fliegt die Gestalt vor ihre Füße. Mr und Mrs Weasley, Ginny sowie Professor Slughorn können gerade noch zur Seite springen, als der Körper des Mannes gegen die Stühle und ein Tischbein des Haustisches knallt. Er gibt ein schmerzvolles Jaulen von sich, dann ist er still.
"Stehen Sie auf." Bill hält seinen Zauberstab weiter auf den am Boden liegenden Mann gerichtet. Erst als die Kapuze zurück fällt und Harry ein Gewirr auch langen, weißblonden Haaren sehen kann, weiß er wer es ist.
Auch die anderen zücken nun ihre Zauberstäbe, richten sie alle direkt auf das Herz des stolzen Magiers.
Es ist Mrs Weasley, die sich zu ihrer vollen Größe aufrichtet und vortritt. Ihr Gesicht aschfahl, richtete sie nun ihrerseits ihren Zauberstab auf den Mann und sieht aus harten, kalten Augen auf ihn hinab, während sie ihn fragt: "Wo sind die Kinder, Lucius?"
Prolog Kapitel 1
Fandom: Harry Potter
Genre: Drama
Rating: ab 16 Jahren
Charaktere: Malfoys, Todesser, Überlebende des Kampfes
Warnung: Dark, Canon, AU
Inhalt: POST DH. Ein Krieg, der nicht enden will. Das letzte Aufbäumen: Eine Verzweiflungstat. Lucius sieht eine Chance. Andere sehen mehr und am Ende zählt nur die Familie. Und der Anfang.
Kapitel 1
"Professor?" Der Krankenflügel ist gerammelt voll. Der junge Mann schiebt sich durch die Reihen von Betten und Stühlen, alle belegt mit mehr oder weniger stark verletzten oder verstörten Schülern. Er ruft noch einmal, biss er endlich eine Ecke des vertrauten Schottentuchs hinter einem Vorhang aufblitzen sieht.
"Professor, ich meine … Minerva!" Auch wenn er Hogwarts bereits verlassen hat und seine alte Hauslehrerin ihm in Anbetracht der Umstände das "Du" eigenständig vor wenigen Stunden anbot, es fühlt sich falsch an.
"Einen Augenblick. Hier, ein wenig Tee, Liebes. Wie geht es ihrer Hand Miss Patil?"
"Minerva."
"Einen Moment. Bleibe Sie liegen, Mr. Thomas."
"Professor, bitte, auf ein Wort."
"Hat das nicht Zeit? Ich denke wir könnten alle eine kleine Pause gebrauchen. Lassen Sie uns zur Ruhe kommen und die Ereignisse der
gestrigen Nacht verarbeiten."
"Es tut mir Leid, aber ich muss Sie sprechen. Allein." Er biss sich auf die Unterlippe und wünscht, bei allen großen Zauberern, er könne um dieses Gespräch vermeiden. Lange rang er mit sich selbst, doch Fakten sind Fakten und etwas in ihm sagt ihm, dass diese im Speziellen nicht ignoriert werden sollten.
Seine alte Professorin seufzt tief. "Nun gut", sagt sie und deutet ihm ihr zu folgen. Sie geht in den kleinen Nebenraum, den Madame Pompfrey als Büro oder privaten Rückzugsort zu Nutzen pflegt. Stapel alter "die Hexenwoche" Ausgaben sind hochglänzende Zeugen vergangener gemütlicher Stunden bei Tee und Keksen. Nachdem er ihr gefolgt ist, zieht sie die Tür hinter sich zu.
"Was gibt es?"
"Wir … wir haben ein Problem."
"Ich würde sagen, wir haben nicht nur ein Problem, mein Lieber. Doch das größte und Wichtigste dürfte gestern gelöst worden sein."
"Das meine ich nicht. Wir … ich weiß nicht…"
"Nun reden Sie endlich. Es gibt genug da draußen zu tun." Sie klingt ungeduldig, aber er nimmt es ihr nicht übel.
"Es geht um die Kinder. Die Erstklässler und all die anderen, die evakuiert wurden", beginnt er langsam sich an die Nachricht, die er überbringen möchte, heranzutasten. Noch sucht er nach den passenden Worten, die nicht recht gefunden werden wollen. Als er merkt, dass er die volle Aufmerksamkeit der alten Professorin hat, fährt er fort.
"Die Kinder wurden gestern evakuiert. Alles nach Plan. Zuerst haben wir sie im Eberkopf untergebracht. Von dort aus verließen nur einige der Slytherins, eigentlich alle, die Gruppe, um … nun ja."
Minerva nickt ungeduldig. Das die Slytherins sich ausnahmslos dem dunklen Lord angeschlossen hatten, ist allen bekannt.
Er fährt fort, spricht langsamer, vorsichtig: "Dann wurden die Kinder wie abgesprochen zum Hogwartsexpress gebracht. Um sie ins St Mungos zu bringen, da wir sie dort am besten überwachen und die besorgten Eltern auffangen können."
"Das ist mir alles bekannt. Ich verstehe nicht, wo das Problem liegt, Mr … ?"
"Der Zug ist weg."
Einen Moment herrscht Stille.
"Was reden Sie da?"
"Der Zug mit den Kindern, der Hogwarts Express, er ist … nun ja. Er ist weg. Verschwunden."
"Verschwunden? Wenn das ein Scherz sein soll, dann ist er nicht komisch."
"Das ist kein Scherz." Er wirkt nun ehrlich verzweifelt. In seiner Verteidigung beginnt er hastig zu reden, zu schwafeln, doch er kann sich nicht bremsen. "Ich habe Mr Weasley gefragt, was ich tun kann. Und er meinte, ich solle mich ausruhen. Aber ich sagte, ich wäre viel zu … nun, ich wollte irgend etwas tun, verstehen Sie? Und da meinte er, ich solle doch mal nachfragen, ob die Kinder gut angekommen sind. Also habe ich mich gleich hingesetzt und eine Nachricht an das St. Mungos geschrieben, ob denn alles in Ordnung wäre. Wie es den Kindern geht und den Eltern vor allem. Und gerade eben kam eine Nachricht zurück, dass … die Kinder sind nicht da. Ich meine der Zug ist nicht angekommen. Ich war unten bei Aberforth und der sagte, er hätte persönlich die Abfahrt überwacht. Der Hogwartsexpress ist definitiv hier aus Hogsmead abgefahren, aber jetzt ist er … Professor?"
MacGonagall wirkt blass. Doch sie fängt sich, er kann sehen, wie ihre Schultern sich straffen. Noch immer versucht sie, für die Kinder stark zu sein. Er sieht beinahe, wie er in ihren Augen zu einem der verängstigten, erschöpften Schüler wird, welche sie heute seit dem … Ende betreut hat.
"Nun beruhigen Sie sich. Da muss ein Fehler unterlaufen sein, der Hogwartsexpress verschwindet nicht so einfach. Ich werde mich darum kümmern."
"Aber denken Sie nicht …"
"Ich denke Sie nehmen sich jetzt eine schöne Tasse Tee und setzen sich ein Weilchen hin. Ich bin sicher, den Kindern geht es gut." Sie legt ihm eine Hand auf die Schulter und drückt ihn sanft hinunter in Madame Pomfreys weich gepolsterten Drehstuhl.
"Aber… Ja, Professor", gibt er nach. Er versucht beruhigt zu lächeln, doch seine Gedanken rasen. Sie drehen sich um das Unmögliche und was es bedeuten könnte.
Bill Weasley steht hoch aufgerichtet in der großen Halle und nickt zustimmend. "Ich denke, wenn wir erst einmal das Chaos hier beseitigt … Gute Güte Minerva!"
Alle drehen sich um. In der Tür steht Minerva MacGonagall. Harry bleibt fast das Herz stehen, als er sieht, wie alt sie in diesem Augenblick aussieht.
Ihre Haare sind zerzaust. Lange Strähnen hängen aus ihrem sonst so strengen Dutt, ihr Gesicht wirkt grau, eingefallen und, was noch viel schlimmer ist, es steht genau die Art des wortlosen Entsetzens darauf geschrieben, von dem Harry eigentlich gehofft hatte, er hätte es aus den Gesichtern der Menschen, die er kannte und die ihm etwas bedeuteten, verbannt.
"Minerva, meine Gute, was ist mit ihnen?" Professor Slughorn, der es immerhin geschafft hat seinen Pyjama in einen wuchtigen Morgenmantel aus stilsicherem grünem Brokat zu hüllen, tritt neben sie. Er schiebt die Professorin, die neben ihm noch zerbrechlicher wirkt, zu einem der Stühle und bugsiert sie mit sanfter Gewalt darauf.
Auf den Wink ihrer Mutter flitzt Ginny eilig los und kommt kurz darauf mit einem Glas Wasser zurück. Doch die Professorin rührt es nicht an.
"Minerva?" Es ist Arthur Weasley. Er geht leicht vor der älteren Frau in die Hocke. Harry hat plötzlich ein klares Bild vor sich, wie Mr Weasley früher mit seinen Kindern geredet haben muss, wenn diese sich nach einem Streit beleidigt in eine Ecke verzogen haben oder sich bei all zu wildem Spiel verletzten. Die Szene hat etwas so intimes, etwas so verletzliches, dass Harry sich plötzlich schämt, Zeuge davon zu sein. Er blickt rasch zu Seite. Hermine ergeht es ähnlich. Nur Ron starrt in fieberhafter Faszination auf seinen Vater und seine Lehrerin. Hermine verpasst ihm einen Stoß und Harry ist ihr dankbar dafür.
Ron weniger. "Au. Was soll denn …"
"Pscht", zischt Mr Weasley ungeduldig. Die drei verstummen sofort. Er beugt sich noch ein wenig weiter zu Minerva. "Was war das, Minerva? Ich habe dich nicht …"
Harry sieht, wie sich Mr Weasleys Augen weiten, und sich dann ungläubig zusammen ziehen. "Ich verstehe nicht", stammelt er, "ich verstehe nicht, Minerva. Was meinst du damit: Die Kinder sind fort?"
Ginny neben Harry verspannt sich. Mrs Weasley, die Hand beschützend auf dem Haupt ihres toten Kindes, hebt den Kopf.
"Die Kinder sind fort", wiederholt Minerva MacGinagall nun so laut und deutlich, dass es unmöglich ist sie misszuverstehen. "Der Zug, der Hogwartsexpress, der die evakuierten Kinder nach London zu ihren Familien bringen sollte … er ist verschwunden."
"Verschwunden, aber wie kann ..?"
Ohne eine Antwort abzuwarten zieht Professor MacGonagall ein zusammen geknülltes Pergament aus ihrem Umhang und reicht es Mr Weasley. Molly und die übrigen Auroren scharen sich um sie. Eine Weile sagt keiner ein Wort.
"Dad? Mum?" Ron und Ginny versuchen sich vorbei zu drängen, doch sie werden ignoriert. Slughorn räuspert sich. "Aber … das ist doch nicht möglich", brummt er, "Wie könnten sie einen Zug verschwinden lassen?"
"Was ist mit Aberforth?", fragt Charlie. "Die Kinder waren in seiner Obhut. Es war von Anfang an abgemacht, dass er entscheidet, ob es sicher ist die Kinder in den Zug zu setzen, bestimmt sind sie noch …"
"Sie sind nicht mehr im Eberkopf. Ich war dort", unterbricht MacGonagall ihn brüsk. "Aberforth hat sie heute morgen in aller Frühe, kurz nach dem Ende der Schlacht in den Express gesetzt. Er hat ihn abfahren sehen."
"Vielleicht hat er vorher zu tief in seinen selbst gebrauten Schnaps gesehen", meinte Bill trocken.
"Nein. Nein, ich glaube ihm. Die Kinder sind verschwunden."
"Minerva, das ist unmöglich. Hunderte Kinder und einen Zug einfach verschwinden zu lassen … noch dazu… der Lord ist tot, was hätte das denn für einen Nutzen." Mr Weasley ist ratlos und müde, unendlich müde.
In Harrys Magen ballt sich etwas zusammen. Die alte Wut ist wieder da und Hitze steigt in seinem Kopf auf.
"Vielleicht eine Art Plan B?"
"Plan B? Plan B? Für was? Für wen?" Mrs. Weasleys schrille und doch halb erstickte Stimme lässt sie alle schweigen. Sie spricht aus, was Harry denkt: "Es ist vorbei" Warum kann es nicht einfach vorbei sein?"
Mr Weasley geht in die Knie und zieht seine bebende Frau in eine hilflose Umarmung.
Sie alle fahren erneut zusammen, als Bill Weasley plötzlich aufspringt und durch die Halle stürmt.
"Was zum …" Charlie geht einige Schritte hinter seinem Bruder her, dann bleibt er unsicher stehen.
Kurz darauf kehrt Bill zurück, etwas Großes, Dunkles und offenbar recht Schweres im Schlepptau, dass sich heftig wehrt.
"Ich weiß nicht für wen", knurrt er grimmig. "Aber ich weiß, wer es weiß." Mit einem Schlenker seines Zauberstabes fliegt die Gestalt vor ihre Füße. Mr und Mrs Weasley, Ginny sowie Professor Slughorn können gerade noch zur Seite springen, als der Körper des Mannes gegen die Stühle und ein Tischbein des Haustisches knallt. Er gibt ein schmerzvolles Jaulen von sich, dann ist er still.
"Stehen Sie auf." Bill hält seinen Zauberstab weiter auf den am Boden liegenden Mann gerichtet. Erst als die Kapuze zurück fällt und Harry ein Gewirr auch langen, weißblonden Haaren sehen kann, weiß er wer es ist.
Auch die anderen zücken nun ihre Zauberstäbe, richten sie alle direkt auf das Herz des stolzen Magiers.
Es ist Mrs Weasley, die sich zu ihrer vollen Größe aufrichtet und vortritt. Ihr Gesicht aschfahl, richtete sie nun ihrerseits ihren Zauberstab auf den Mann und sieht aus harten, kalten Augen auf ihn hinab, während sie ihn fragt: "Wo sind die Kinder, Lucius?"